Der stärkste ästhetische Schauer setzt zeitgleich mit der ersten richtigen Krängung ein. Am Wind funktionieren die moderate Breite, die verschwenderischen Überhänge und das Carbonrigg mit 130 Prozent überlappender Genua vortrefflich. Dann erzeugt der Bug eine Welle, die das Wasser entlang des Alurumpfs ansaugt. Freilich ist das von Bord nur bedingt auszumachen, aber eben zu spüren. Diese unschlagbare Ästhetik des Segelns, wenn „Topaz“ große Teile ihres wohlproportionierten Unterwasserschiffs zeigt, dem Yachtnamen entsprechend in schönstem Türkis.
An der Kreuz fühlt sich das Segeln auf dem beinah 90 Jahre alten J-Class-Riss fast zeitgemäß an. Im Gegensatz dazu gilt für die 170 Tonnen verdrängenden Langkieler auf achterlichen Kursen: hindurchpflügen und eben nicht hinübergleiten, so wie es Rennyachten der Stunde mit ihren immer flacher werdenden Rümpfen selbst auf Nonstop-Weltumrundungen praktizieren. Wiederum ist es gerade bei Wind von hinten äußerst beeindruckend, die ausgeklügelte Choreografie der Vorschiffscrew unmittelbar mitzuerleben.
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Küstenrennen vor Mallorca
Während „Topaz“ die Startlinie abfährt, sitzt der An-Bord-Reporter im Mittelcockpit, umgeben von mörtelkübelgroßen Winschen für Vorsegel, die 3D-Holepunkte, Backstagen und Großschot. Achtern des metallenen Kompasshauses stehen Steuermann Peter Holmberg und sein Taktiker Francesco de Angelis. Es ist der zweite Tag des Superyacht Cup Palma, und Mallorcas Thermik bringt mittlere Winde mit bis zu 15 Knoten hervor.
Heute steht ein Küstenrennen an, wobei nicht Landmarken wie vor Porto Cervo oder St. Barth gerundet werden, sondern Bojen vor der mallorquinischen Küste. Gestern fuhren nur die J-Class-Yachten für zwei Wettfahrten auf die Bucht von Palma heraus. Vom Start an ging es auf den Up-and-down-Kursen erstaunlich eng zu, und auch berechnet lagen nur wenige Sekunden zwischen den vier Rennschönheiten, die 15 Jahre Altersunterschied trennen und bei denen sich die stählerne „Ranger“ sogar im Rumpfmaterial unterscheidet. Für heute verbreiterte die Wettfahrtleitung die Startlinie, weil die knapp über 40 Meter langen Rennyachten am Tag zuvor beinah schon auf Tuchfühlung gingen. Wie „Topaz“-Skipper Peter Holmberg kommen viele der J-Steuerleute aus dem Matchracing.
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Ein erster und ein zweiter Platz sind auf dem Konto. Hektik erzeugt die Vorstartphase nicht, doch die Anspannung ist allgegenwärtig. Die Manöver werden schneller, das mechanische Rattern freilaufender Winschen durchbricht die gefühlte Stille. Die J 8 wendet zwei Bootslängen vom Startschiff entfernt unter „Velsheda“, die zu parken scheint, und nimmt sofort Fahrt auf, während der vorderste Vorschiffsmann Mike Pammenter per Handzeichen die Entfernung zur Linie meldet. Es geht minimal nach dem Startschuss auf die Bahn. „Nice“, motiviert Holmberg sich selbst und seine Crew per Funk.
Entstehung der J-Class
„Topaz“ wurde 2015 von Holland Jachtbouw fertiggestellt und misst vom speerspitzenartigen Steven bis zum Halbmond- Heckspiegel 42,62 Meter. Das von André Hoek optimierte Design entstand auf Basis eines 1935 gezeichneten und nie realisierten Frank-C.-Paine-Designs. Das niederländische Konstruktionsteam fand nach Auswertung aller noch verfügbaren J-Class-Linien heraus, dass der Paine-Riss eine Yacht abgeben würde, die unter so gut wie allen Windbedingungen schnell ist. Die neueren Repliken durchliefen alle eine Berechnungssoftware (VPP), die das Leistungspotenzial mittels Konstruktions- und Umgebungsdaten voraussagt. Die Urpläne waren meist erstaunlich ausgereift. So führte der legendäre US-Konstrukteur Olin Stephens bereits in den dreißiger Jahren Tanktests für „Ranger“ durch und setzte mit dieser Pionierarbeit den Maßstab für die Entwicklung schneller Yachten.
Foto: J-Class/Carlo BorlenghiLöffelbug und Yachtheck schlucken 16 Meter des 43 Meter langen Rumpfes. Die Wasserlinie ist extrem kurz.
Keimzelle der J-Renaissance war die 1934 gebaute „Endeavour“, der Royal Huisman 1989 zusammen mit Elizabeth Meyer zu neuem Glanz verhalf. 15 Jahre später folgte mit „Ranger“ der erste Bau nach historischem Vorbild. Jüngste und mit 43,60 Metern längste unter den sechs weiteren Repliken ist die 2017 vollendete „Svea“, beim Superyacht Cup erstmals mit dem schwedischen Co-Eigner Niklas Zennström („Rán“) und Bouwe Bekking als Taktiker dabei. Mehr als drei Js maßen sich beim Superyacht Cup zuletzt 2014. Da waren es sechs. Zur Hochphase der Königsklasse trafen 2017 zum America’s Cup vor Bermuda sieben aufeinander. Danach wurde es still, und es kam zwischen den Eignern zum Zwist über Vermessungsdetails, den auch die Klassenvereinigung lange Zeit nicht beilegen konnte.
Der Steuermann kommt von den US Virgin Islands
Während des langen Amwind-Schenkels weit aus der Bucht von Palma heraus setzt „Velsheda“ auf die rechte und damit wie am Vortag auf die falsche Seite. Navigator Nacho Postigo meldet: „Sind gerade das zweitschnellste Boot.“ Trotz konsequenter Deckung erreicht „Svea“ zuerst die Luvmarke. Obwohl das Fass anliegt, schirmt Holmberg weiter „Ranger“ ab. Es gibt einen lauten Knall, als das offene Unterliek des Großsegels durchschlägt, und sogleich beginnen die fünf Minuten langen Vorbereitungen zum Setzen des asymmetrischen Segels, für das der Spibaum knapp über dem Deck gefahren wird. Peter Holmberg steht leicht und bestimmt zugleich am Rad. Der Steuermann kommt von den US Virgin Islands, nicht zu verwechseln mit den nördlich davon gelegenen British Virgin Islands. Er ist amerikanisch-cool, aber nicht unangenehm laut wie manch Festländer.
Zuweilen hat es den Eindruck, als hielte sich Holmberg am Riesenrad fest, etwa wenn er sich nach hinten fallen lässt. Dann geht er tief in die Knie, um unter der Genuaschürze hindurchblicken zu können. Obwohl nur eine kleine Windwelle steht, sind seine Hände permanent in Bewegung, meist aus einer seitlichen Position heraus und mit eng am Körper anliegenden Oberarmen. Wenn er sich nicht selbst bewegt, dirigiert Holmberg den menschlichen „Ballast“.
Etwa zu Rollwenden – so wird das hier tatsächlich auch genannt –, was das zehn Sekunden lange Verweilen von 20 Personen auf der neuen Leekante erfordert. Oder er spricht in flauen Phasen nahezu im Flüsterton Anweisungen in sein Headset: „Die Hälfte der Truppe nach Lee und vor die Wanten. Füße über die Kante bitte.“ Die Funkkommunikation ist ein Grund, warum alles so entspannt abläuft. Der andere: Man ist eingespielt, kennt sich. „Beinahe 90 Prozent der Crew segeln seit 2016 auf ,Topaz‘. Eine Handvoll war bereits auf der Vorgängeryacht des Eigners dabei“, klärt Tim Kröger auf, der seit sechs Jahren Racecrew-Manager ist. „Bei uns beträgt das Durchschnittsalter 48 Jahre. Wir arbeiten mit sehr hohen Lasten, da brauchen wir erfahrene Leute.“
Yachtmanagement durch Tim Kröger
Seit einiger Zeit hat der Hamburger auch das Yachtmanagement von „Topaz“ inne, wozu Planungen zusammen mit dem Kapitän um die Permanentcrew oder die Koordinierung von Werftaufenthalten gehören. Die Racecrew ist handverlesen, Tim Krögers Maxime lautet: „Sie müssen seglerisch, aber auch sozial hineinpassen. Große Egos können wir hier nicht gebrauchen, wir wollen bei aller Professionalität Spaß am Regattasegeln haben.“ Der 57-Jährige hat auch auf ehemalige Weggefährten zurückgegriffen. Er selbst war an zwei America’s-Cup-Kampagnen beteiligt, für Frankreich und Südafrika. Holmberg hat die Auld Mug mit Alinghi sogar einmal gewonnen. Insgesamt sind heute 40 Personen an Bord, mehr erlauben die Klassenregeln nicht. Die Entscheidungen von Steuermann und Taktiker basieren auf Nacho Postigos Navigations-, Wetter- und Positionsdaten. Der Spanier ist der Einzige, der sich auf Italienisch mit de Angelis austauscht.
Die Bordsprache ist Englisch, den größten Teil aber machen deutsche Segler aus. Thomas „Flomi“ Zankel ist seit 15 Jahren dabei, segelte bereits auf der Vorgängeryacht. Zusammen mit Dirk Neumann ist er für die Backstagen zuständig. Eckhard „Ecki“ Kaller vom Bodensee unterstützt den französischen Groß-Trimmer Yann Gouinot. Kröger selbst bedient die Fallen am Mast. Er trägt Knieschoner, und seine weiße Oakley-Sonnenbrille hat eine ähnliche Form wie Modelle aus den späten neunziger Jahren. Und eben aus dieser Zeit hat er ehemalige Weggefährten reaktiviert und zurück zum System Spibaum geholt, das vielen aus früheren America’s Cups vertraut ist. Während die Generation Gennaker häufig nur noch das Prozedere mit fester Nase von Skiffs, Sportbooten oder TP52s kennt, wird hier mit doppeltem Spigeschirr hantiert. Auf 34 AC-Teilnahmen kommt das Team „Topaz“ – größtenteils in der vergleichbareren Prä-Foiling-Ära.
Foto: Sailing Energy / The Superyacht CupRohe Kräfte: Auf den waschtrommelgroßen Winschen lasten bis zu acht Tonnen
Das Team verdient seinen Namen
Es beherrscht sein Handwerk, zu dem für Halsen oder Schiften das Ein- und Auspicken des über 150 Kilogramm schweren und 18 Meter langen Spibaums im Torpedoformat gehört. Jacek Wysocki aus Polen, Statur eines Gewichthebers, berichtet am Dock mit angelegtem Klettergurt, dass dafür am Mast vier und am Liek drei Mann notwendig sind. Bei bis zu 25 Knoten würden sie den Spi fahren, selbst bei Welle in der Karibik. Ein gewisser Stolz klingt aus seiner Stimme heraus, den viele seiner Mannschaftskollegen teilen. J-Class-Crews wagten es vor 90 Jahren erstmals, den Spinnaker vor dem Halsen nicht zu bergen, sondern den Spibaum herumzuführen und schwingen zu lassen. Zuvor galt das als ein Akt der Unmöglichkeit.
Spinnaker-Segeln funktioniert ebenso wenig ohne das ewige Spiel mit dem Toppnanten. Den optimalen Windeinfang exerziert das Team vor dem Start auf dem antizipierten Anliegerkurs durch; die Leistungswerte hält North-Segeldesigner Heine Sørensen in seiner Kladde fest. Während des Rennens gibt er Daten und Optimierungen an die Trimmer weiter und hilft als Floater an den Winschen aus. „Die Carbonfasern machen einen sehr großen Unterschied“, so der Däne über die gehobene Segelgarderobe. Einmal richtig eingestellt, steht das schwarze Laminat von North Sails wie ein starrer Flügel im Wind. „Topaz“ vertraut auf 3Di Raw, also das leichteste und profilhaltigste Tuch, das aufgrund der fehlenden äußeren Beschichtung jedoch weniger abriebstark ist.
Jeder hat seinen spezialisierten Bereich, und doch handelt keiner im Alleingang. „Jeder ist wichtig, hat seinen Job“, betont Kröger. Auch die Stewardess, die alle Manöver an Deck begleitet und dazwischen mit einem Sack voll Schokolade und Müsliriegeln die teils 40 Meter trennenden Stationen abläuft, stets geduckt, um nicht die Sicht zu beeinträchtigen. Für die einen ist es Nervennahrung, für die anderen eine fixe Energielieferung.
Starke menschliche und mechanische Kräfte
Die meiste Mannkraft erfordert das Einholen der Vorsegel. Schnell reiht sich ein Dutzend Segler auf und zieht und zerrt das leichte Tuch oder steife Laminat aufs Deck, bevor es zum Bremsschirm werden kann. Selbst vor Kiwi Drops wird nicht zurückgescheut: Wie auf einem Sportboot halst man kühn in das Bergemanöver hinein und fängt den Ballon in Luv während des kurzen toten Punkts platt vor dem Wind ein. Den Bogen ums Fass steuert Holmberg weit, und der Schrick verbleibt für erstaunlich lange Zeit in der Genuaschot, um „Topaz“ wieder auf den maximalen Bootsspeed zu bringen.
Foto: Sailing Energy / The Superyacht CupKraftakt: Ein Dutzend Segler sammelt die Genua ein. Einen Seezaun gibt es nicht.
Alle Winschen drehen sich auf Geheiß von Knöpfen, die wie Stolperfallen in das Deck eingelassen sind. Dafür läuft übrigens die Hauptmaschine während des Rennens ununterbrochen, zu hören ist sie aber nur auf achterlichen Kursen. Bei Downwind-Manövern, wenn bis zu vier Trommeln um die Wette rotieren, laufen über 600 Liter Öl pro Minute durch die Hydraulikpumpen, berichtet der Erste Ingenieur Dunco Kaplan aus Südafrika. Gleichwohl erfordert es drei Mann, um die 122er- Trommel, die ganz klassisch aus Metall besteht, aus dem siebenlagigen Würgegriff der mächtig ummantelten Dyneema-Schot zu befreien.
Die erste Windung entfernt der Südafrikaner Mike Giles noch mit beiden Händen, als aber das nervöse Schlackern einsetzt und das Segel auf die neue Leeseite schießt, muss es schnell gehen. Jetzt werden die letzten drei Lagen einem Lasso gleich herunter und in die Hand von Hans Eric Ståler gefeuert. Der 62-jährige Schwede, der seit 2008 mit der Eignerfamilie Regatten segelt, übernimmt die Schot, dessen Dicke irgendwo zwischen Garten- und Feuerwehrschlauch rangiert.
Ståler leitet das lose Gut weiter ins Cockpit zu Floater Heine Sørensen, der das Hochleistungstauwerk in Achten auf der Ducht platziert. Das geschieht in unmittelbarer Nähe zum Reporter, der die meiste Zeit damit beschäftigt ist, niemandem im Weg zu stehen. Seine Sternstunde kommt, als Holmberg sagt: „Tell that guy in the cockpit to clear the display from that line.“ Das Beiseiteschieben der Stagsegelschot legt den Blick auf die Logge am Deckshaus frei. Es fühlt sich ein bisschen wie Mitmachen an.
Wenn jemand über Bord geht, wird er vom Chaseboat eingesammelt
An erster Stelle stehe die Sicherheit, betont Tim Kröger immer wieder. Im März 2020 gab es den Vorstartcrash mit „Svea“ während der Superyacht Challenge Antigua. Im Training für die Regatta starb ein Jahr später auf einer anderen Maxiyacht ein Crewmitglied als Folge eines explodierenden Blocks. Damit das nicht passiert, kontrolliert die Backstagfraktion nach dem Rennen, ob sich an den Blocks Bolzen gelockert haben. Zudem werden alle Winschen täglich zerlegt und gefettet.
Gefahrenminimierung beeinflusst sogar den Gewichtstrimm. Auf der hohen Kante sitzen, das geht ohne Reling eh nicht wirklich gut und sicher. Aber auch die liegende Umklammerung des Schanzkleids mit fliegenden Beinen, anno dazumal auf Starbooten oder Meter-Klasse-Yachten praktiziert, lässt Teammanager Kröger nicht durchgehen. Stattdessen schmiegen sich alle an das Deck an. Das hat etwas Zusammengekauertes, doch gleichzeitig sehr Anmutiges und beugt neben einer optischen Verschandelung der güldenen Ziergöhl dem Überbordgehen vor.
Foto: Sailing Energy / The Superyacht CupStatt auf der Kante zu hocken, schmiegt sich die Crew an Deck, das verunziert nicht die Göhl.
Sollte es dennoch passieren, ist der Tender zur Stelle. „Das Rib ist unsere Lebensversicherung“, so Kröger, der dem Fahrer Piet Dabelstein hohe Relevanz einräumt. „In der Karibik ist bei Welle ein MOB-Manöver für uns seglerisch zwar möglich, nur wären wir viel zu spät vor Ort und würden den Über-Bord-Gegangenen nicht wiederfinden.“ Der Großteil der Crew hat eine aufblasbare Schwimmboje am Gürtel hängen. Vor allem aber befindet sich der „Topaz“- Tender permanent im Schatten, natürlich auch mit Ersatzsegelgarderobe beladen und vor Mallorca erstmals mit eigenem Kameramann Eike Schurr, der sonst die TP52-Events filmisch begleitet. Ihn bat Holmberg vor dem Ablegen, den Start festzuhalten, um Beweise im Fall eines Protests zu haben.
Taktische keine Spielräume
Auf dem langen Anlieger ist kein Herankommen an „Svea“. Im Prinzip darf sie als Erste über die Linie gehen, hat sie doch den höchsten Zeitverrechnungsfaktor aller Starter und muss auf „Topaz“ vergüten. Wie viel, versucht der Navigator immerzu per Prognose-Software zu berechnen. Der Wind geht minimal herunter, und nach einer kurzen Amwind-Strecke steht der finale Schenkel an. Laut Nacho Postigo liegt „Svea“ berechnet nur wenige Sekunden vor uns. Es ist noch ruhiger als sonst an Bord. Der A2 steht im Wind, und die Spischot fährt Christoph Podesta, der maltesische Kapitän aus der festen Crew. Er ist 33 und kommt aus einer Seglerfamilie, mit der er das Rolex Middle Sea Race auf eigener Yacht gewann. Sein Landsmann Sam hängt den Baumniederholer auf achterlichen Kursen ein und befestigt ihn am Schanzkleid.
Taktisch tun sich keine Spielräume auf, es bleibt nur Kurshalten und Hoffen auf eine schöne Bö. Das übliche Spi-Gezuppel setzt ein, da bringt Postigo das Stagsegel ins Spiel. De Angelis ist sofort auf seiner Seite, auch Segeldesigner Sørensen.
Nur Holmberg will sich nicht festlegen. Plötzlich geht das aufgerollte Segel hoch. Der Steuermann versucht vergeblich zu intervenieren, bleibt aber locker, als es vom Furler gleitet. Seine Befürchtung: Es könnte zu mehr Widerstand als Vortrieb führen. Den vermeintlichen Stagsegelkonflikt erstickt eine Brise im Keim; „Topaz“ nimmt Fahrt auf, und der Abstand zu „Svea“ schrumpft. Es reicht jedoch nicht, um dem Heck der Schweden nahezukommen, im Ziel aber bleibt die Hoffnung auf einen berechneten Sieg. Entsprechend fröhlich gibt sich ein jeder dem Klarieren hin. Der Reporter zeigt Eigeninitiative und hilft, den Genua-Segelsack, den der A 1,5 begraben hat, mit dem brasilianischen Floater aus der Plicht zutage zu fördern. Schließlich gelingt es uns zu dritt, es handelt sich um einen leeren Sack. In vollem Zustand braucht es neun Personen zum Transport auf das Vorschiff.
Der Großteil der Racecrew heuert auf anderen Segelyachten an
Es werden Getränke und Wraps verteilt, Mike Giles, der Nachbar von der Genuawinsch, lehnt am glanzlackierten Deckshaus. „Ich bin sehr froh, dass es noch Eigner gibt, die solche Kampagnen fahren. Allein der Aufwand, um überhaupt abzulegen, ist immens. Und dann kommt der Sicherheitsaspekt hinzu. Auf dem Vorstag lasten 40 und auf meiner Winsch bis zu acht Tonnen“, berichtet Giles. Der 49-jährige Südafrikaner stieß erst zum Superyacht Cup zum „Topaz“-Gefüge und lebt wie viele seiner Kollegen auf Mallorca, dem europäischen Drehkreuz für aus allen Teilen der Welt stammende Supersegler-Besatzungen.
Allein der Aufwand, um überhaupt abzulegen, ist immens.
Der Großteil der „Topaz“-Racecrew heuert neben den drei bis vier J-Regatten pro Jahr auf anderen Segelyachten an. Tim Kröger ist seit 1994 Segelprofi und breit aufgestellt. Er verarbeitete das komplexe Zusammenspiel innerhalb von Crews bereits in Form eines Buchs oder wendet sein Wissen um effiziente Teamführung und -bildung bei Vorträgen an. Engagiert wird er für große Firmenevents. Krögers Credo: „Es gibt keine bessere Lebensschule als den Segelsport.“
Die Kraft des Kollektivs zeigt sich auch darin, wie sehr sie über den eigentlichen Segeleinsatz hinausstrahlt. Die Crew wohnt auf Mallorca zusammen in einem Haus und steht den Rest des Jahres über eine WhatsApp-Gruppe miteinander in Kontakt. Der On-Board-Reporter fühlt sich ähnlich verbunden und sehnt am Abend das Tagesergebnis herbei. Doch für den Sieg über „Svea“ hat es nicht gereicht, und mehr noch: Am Folgetag erlebt „Topaz“ einen rabenschwarzen Tag und belegt den letzten Platz. Holmberg und sein Team berappeln sich im finalen Rennen des Superyacht Cup Palma und halten den zweiten Rang in der Gesamtwertung. Wieder ein Gänsehautmoment, wenn auch ein deutlich kleinerer als das eigentliche Segeln auf einer J.
Übrigens: Gerade wurde bekannt gegeben, dass die J-Class-Weltmeisterschaft 2024 in Barcelona gesegelt wird. Im Revier des America’s Cup gehen Die Js am 3. und 4. Oktober sowie vom 7. bis zum 11. Oktober 2024 aufs Wasser!
Technische Daten der “Topaz”
- Original-Design: Frank Cabot Paine
- Design: Hoek Design Naval Architects
- Werft: Holland Jachtbouw
- Material: Aluminium
- Rumpflänge: 42,68 m
- Länge Wasserlinie: 26,82 m
- Breite: 6,75 m
- Tiefgang: 4,55 m
- Verdrängung: 178,3 t
- Segelfläche am Wind: 959,7 m2
- Spinnaker: 906,6 m2
- Theoretische Rumpfgeschw.: 12,58 kn
- Segeltragezahl: 5,5
| Zeichnung: Hoek Design
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